Das Deutsche Museum und Google

Technik- und Wissenschaftsgeschichte im virtuellen Museum

Museen sind Profiteure des digitalen Wandels – und das ist gut so, denn sie halten Anschauungen für dringliche gesellschaftliche Reflexionen bereit. Wenn die Besucherzahlen der Museen kontinuierlich steigen, lässt sich dies womöglich mit der Aura des Objektes erklären, der man im Museum zu begegnen hofft: einer Erfahrung, die wir umso mehr vermissen, je mehr wir unseren Alltag damit verbringen, auf Bildschirme zu starren. Untersuchungen haben gezeigt, dass Museen einen nochmals stärkeren Andrang von Besuchern verzeichnen, wenn sie sich mit ihren Exponaten auch digital im Web präsentieren. Dies war ein wichtiges Argument als das Deutsche Museum unlängst seine digitale Partnerschaft mit Google bekannt gab.

Das Museum wird von Google bei der Digitalisierung seiner Sammlung unterstützt, im Zuge dessen wird ein Teil seiner Exponate auf der Plattform des Google Cultural Institute ausgestellt. Bereits jetzt können dort 323 Objekte und vier kuratierte thematische Ausstellungen des Deutschen Museums besichtigt werden. Zu weiteren spannenden Projekten, die man dort mit Google plant, gehört unter anderem die Weiterentwicklung eines Verfahrens um 3D-Scans von technischen Objekten anzufertigen. (Vorbildlich bei der Präsentation von Objekten in 3D Technik ist übrigens das Smithsonian.)

Für das Deutsche Museum ist insgesamt zu erwarten, dass die Partnerschaft mit Google dem Projekt Digitalisierung, als einem Baustein der Zukunftsintiative, weiteren Auftrieb verleiht. Die Digitalisierung auch der Sammlung bietet besonders für die Forschung spannende Perspektiven (zu den digitalen Forschungsprojekten), freut sich Projektleiter Georg Hohmann. Weiter kommt das Museum durch die Veröffentlichung ausgewählter Digitalisate seinem Bildungsauftrag nun auch in der digitalen Welt nach. Schließlich sei zu erwarten, dass auch die museumspädagogische Aufbereitung vor Ort  von dem Projekt profitieren wird.

Dass zwischen Technik- und Naturwissenschaftsgeschichte und der Präsentationsform des virtuellen Museums eine hohe Affinität besteht, scheint naheliegend. Sieht man sich aber beim Google Cultural Institute um, so findet man jenseits des neu hinzugekommenen Deutschen Museum nur sehr wenig in dieser Richtung (lediglich das Musée des arts et métiers in Paris und das Computer History Museum in Mountain View stellen dort einige Digitalisate technischer Objekte aus). Es gibt beim Google Cultural Institute noch nicht einmal eine eigene Kategorie für Technik- und Wissenschaftsgeschichte. Das Deutsche Museum wurde daher unter die Rubrik „Historische Momente“ einsortiert. Hier findet sich das Deutsche Museum also durchaus in der Rolle eines Pioniers.

Die Zukunftsinitiative des Deutschen Museums weist in die richtige Richtung. Die Bewahrung und Reflexion des Vergangenen erlangt ihren Wert im Blick auf die Herausforderungen der Zukunft. Die digitale Initiative dürfte hierbei ein wichtiger Baustein sein. Angesichts der vielfältigen Möglichkeiten, die das Web für die Aufbereitung des Themas Technik- und Wissenschaftsgeschichte anbietet, knüpfen sich hohe Erwartungen an sie. Die Wirklichkeit wird heute immer technischer,  die Technik dabei gleichzeitig ungreifbarer. Das Bedürfnis unsere technische Wirklichkeit zu begreifen ist dringender denn je. Museum und digitale Technik können einander wechselseitig ergänzen, wenn es darum geht, sie in den Bildern und Geschichten ihrer Objekte anschaulich zu machen.

Ein Bericht über die Ausstellung Wearable Computing des Deutschen Museum, die ebenfalls auf der Seite des GCI digital besichtigt werden kann, folgt in Kürze.

Zwischen Scylla und Charybdis

Zwischen Scylla und Charybdis

Rezension zu „Wem gehört die Zukunft?“ von Jaron Lanier

(Hoffmann und Campe 2014, 480 S.)

Computernetze bringen nicht nur Gutes. Auf der Schattenseite ihrer Versprechungen droht eine Katastrophe, ausgelöst von extremer sozialer Ungleichheit. Dies beschwört Jaron Lanier in seinem Buch „Wem gehört die Zukunft?“, das zugleich das Projekt vorstellt, durch eine fundamentale Umgestaltung des Internets eine „humanistische Alternative“ zu diesem Schreckensszenario zu eröffnen.

Lanier sucht nach einem Weg, auf dem es dem Menschen erlaubt wäre, noch in einer hochautomatisierten und von hypereffizienten Systemen durchzogenen Umwelt seine Würde zu bewahren. Dazu sei es erforderlich, dass er die Kontrolle über seine Daten zurückerhalte.

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Die Chemie des Bösen – Ein Gedanke zur Serie „Breaking Bad“

In der US-Fernsehserie Breaking Bad wird der Weg von Walt, einem Chemie-Lehrer und Familienvater, zum mordenden Drogenproduzenten geschildert. Die schon im Titel angezeigte Thematik des böse-Werdens wird hier in engsten Zusammenhang mit der Chemie gerückt. Dies zeigt schon das Titel-Design an. Die Kürzel des chemischen Periodensystems der Elemente heben den Wortanfang jeweils typographisch hervor. So bilden die Kürzel für Brom (35) bzw. für Barium (56) jeweils den Anfang der beiden Titelwörter. Dass hier eine symbolische Beziehung zwischen der Chemie und dem moralisch Bösen hergestellt wird, ist nicht zu übersehen. Aber wie ist sie zu verstehen?

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Shakespear´s Audience

„Totus mundus agit histrionem.“ Wenn zu Zeiten Shakespears bis zu 3000 Zuschauer sich zu einer Aufführung im Globe-Theatre versammelten, so konnte man dessen Motto getrost auch umkehren: Nicht nur war die ganze Welt ein Schauspiel, es war auch gleichsam die ganze Welt, die sich hier zum Schauspiel versammelte. Das Publikum des Globe spiegelte die Gesellschaft im Kleinen. Mehr lesen

Die Schönheit von Pi?

Christoph Drösser wartet in seiner Besprechung des Buches „Die Poesie der Primzahlen“ von Daniel Tammet mit einer intelligenten Bemerkung auf: Der Autor, der die Kreiszahl bis auf 22514 Stellen hinter dem Komma auswendig gelernt habe, fände diese nur deshalb schön, weil er es sich in dieser zufälligen Zahlenfolge

zwecks Memorierung eingerichtet hat. Die nächsten, ihm noch nicht bekannten Stellen könnte er nicht von einer zufällig ausgelosten Folge unterscheiden.

Literaturbeilage der Zeit (Nr. 12, März 2014), S. 67

Das wirft aber auch die Frage auf, inwiefern nicht doch aus der Memorierung des Zufalls so etwas wie Schönheit entspringen kann?